Und heute freue ich mich über das, was leicht ist!

 

"Du machst es dir aber auch echt leicht." Dieser Satz begleitete mich eine ganz schön lange Zeit in meiner (noch nicht sooooo langen) Mutterschaft. So locker dahin gesagt, von jemandem, der es vielleicht gar nicht so meinte. Und doch setzte sich dieser Satz, der sich anfühlte wie der moralische Zeigefinger in Reinform, so fest in meinen Gedanken.

Es ging ums Aufräumen: "Ach, das räume ich später allein auf, wenn die Kinder im Bett sind." sagte ich Schulter zuckend nach einem langen Nachmittag. "Jetzt habe ich keine Lust auf Stress. Ich lasse sie lieber noch spielen."

"Du machst es dir aber auch echt leicht. Das müssen Kinder doch lernen!"

Ich nickte. "Das werden sie auch!"

Der Satz hallte nach. Mache ich es mir zu leicht?

Mache ich es mir zu leicht, wenn ich die Kinder nicht dazu anhalte Jacken anzuziehen, wenn sie es nicht möchten? "Danke!" oder "Bitte!" zu sagen? Weil Kinder das doch lernen müssen?

Wenn ich ihnen das Brot auf Wunsch entrinde? Weil Kinder lernen müssen auch die Rinde zu essen?

Mache ich es mir zu leicht?

Mache ich es mir zu leicht, wenn ich Konflikte Konflikte sein lasse und nicht noch einmal nachbespreche, den Kindern nicht noch mal ins Gewissen reden möchte? Weil Kinder doch lernen müssen, dass dies oder jenes nicht in Ordnung ist?

Mache ich es mir zu leicht, wenn ich zum Abendbrot Kekse und Milch, anstatt gedünstetem Fenchel mit Couscous reiche? Wenn ich die Kleidung vor dem Waschen nicht einweiche oder mein Kind auf den Arm nehme, wenn es nicht mehr laufen will, auch wenn es eigentlich ein Spaziergang sein sollte und Kinder doch lernen müssen sich auch mal über längere Zeit zu bewegen?

Wenn ich meine Kinder nicht zum Spielen mit anderen Kindern überrede, obwohl Kinder doch lernen müssen auch mit anderen zu spielen?

Mache ich es mir zu leicht, wenn sie ihr Abendbrot vor dem TV bekommen und wir Eltern in Ruhe essen? Und was ist mit dem Einschlafen? Mache ich es mir zu leicht, wenn ich bis zum Einschlafen bei ihnen sitze? Müssen Kinder nicht auch lernen alleine einzuschlafen und sollten sie nicht besser nicht so verwöhnt werden?

Mache ich es mir zu leicht?

 

Vielleicht schon. Allerdings fühlt es sich komischerweise nicht immer so an...

Heute weiß ich, dass es gar nicht so wichtig ist, wie es nach Außen aussieht. Und das manches, was von Außen leicht und unbeschwert aussieht, ziemlich harte Arbeit ist. Ein permanentes Auseinandersetzen mit unseren Ideen und Werten, unseren Begründungen und Beweggründen. Unserem Bild von Familie, vom Eltern- und vom Kind-sein. Unsere Vorstellung davon, wie Lernen funktioniert, wie wir unser Familienleben gestalten wollen. Und wie wir die Werte, die uns wichtig sind, vermitteln wollen.

 

Zu oft glauben wir, dass Eltern-sein etwas ist, was ernst ist. Etwas, das anstrengend und fordernd ist. Das ist es ja auch. Muss es aber nicht immer und sollte es vielleicht auch nicht.

Es darf leicht sein!

Es ist kein Schaden den vermeintlich leichteren Weg zu gehen. Den Weg, der sich gut anfühlt.

Es sind die Sorgen der Anderen, dass unsere Kinder vielleicht nicht lernen könnten Verantwortung zu übernehmen. Die Sorge der Anderen, dass unsere Kinder keine Manieren lernen, kein Mitgefühl für andere entwickeln könnten. Es ist die Sorge der Anderen, dass unsere Kinder vielleicht bald Probleme in der Schule oder im Leben haben könnten, weil sie Regeln hinterfragen oder manchmal überflüssig finden (ich persönlich feier das ja auch gelegentlich....).

 

Und es sind die Erwartung der Anderen, dass wir es anders machen sollten als wir es tun.

Vielleicht, weil es zu leicht aussieht und weil es mal anders war.

 

Heute bin ich dankbar für diesen Satz, für diesen Gedankenanstoß. Denn er ließ mich genauer verstehen wollen, warum ich wie handle, welche Ideen ich davon habe, wie ich mit unseren Kindern leben möchte, welche Beziehung ich mit ihnen leben möchte. Ich habe Antworten gefunden auf Fragen, die ich mir sonst vielleicht nicht gestellt hätte. Oder erst viel, viel später!

Lasst es euch gut gehen!

Johanna

24.02.2021

Johanna Martinek Mütter - und Familienberatung

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19.02.2021

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