"Die Kinder haben den ganzen Tag nur Quatsch gemacht!?"

 

"Wenn ihr immer so spielt, dass alles um euch herum dreckig wird, habe ich viel Arbeit. Und darauf habe ich keine Lust."

- Stimmt!

"Und Mama, wenn wir immer nur so spielen sollen, wie du das möchtest, ist es viel zu langweilig für uns!"

- Stimmt auch! Verdammt!

 

Das war vor ein paar Tagen (ich kann es nicht mehr genau sagen, die Tage sind zur Zeit irgendwie alle gleich!). Wenn ich heute so darüber nachdenke, muss ich zugeben: Recht hat das Kind.

Sie saßen in der Badewanne und versuchten herauszufinden wie groß die Wasserpfütze auf dem Badezimmerboden wird, nimmt man zwei Kinderhände voll Badewasser und wirft sie mit etwas Schwung über den Badewannenrand....

Heute, so aus der Entfernung betrachtet, muss ich zugeben, dass dieses Spiel gar nicht so schlecht war. Genauer betrachtet war es sogar irgendwie großartig. Lernen im Alltag - eigene Lernmotivation. Grobmotorik, Feinmotorik, Auge-Hand-Koordination, Konzentration, Wahrnehmung, Mengenlehre,... Und vor allem: Spaß! Die Frühförderin in mir hätte jubeln sollen, Grundschullehrer applaudieren. Heute kann ich das so sehen.

In der Situation war ich erstmal, sagen wir mal, "überrascht", als ich vom Schlafanzüge holen aus den Schlafzimmern kam. Der Boden war nass, die Kinder laut und aufgedreht. Ich fühlte mich im Bruchteil einer Sekunde überfahren, erschöpft. Und wütend!

"Die Kinder haben heute den ganzen Tag nur Quatsch gemacht!"

Mit diesem Satz begrüßte ich meinen Mann schon seit einer ganzen Weile am Abend, wenn er von der Arbeit kam. Mal mit einem zwinkern, mal in einem entnervten Ton.

Ich bin erschöpft vom Alltag, vom dauerhaften aufeinander hocken, den wenigen Ausflüchten, den täglich immer gleichen Abläufen. Und ich bin müde vom Hinterherräumen. Dadurch wird mir den Alltag mit den Kindern manchmal etwas lang und herausfordernd.

Doch was steckt dahinter? Ich glaube, dass es mir gerade manchmal schwer fällt die Bedürfnisse der Kinder zu sehen - bei meinen Bedürfnissen ist es ganz ähnlich.

Das Bewusstmachen unserer Bedürfnisse kann manchmal dazu führen, dass es für uns leichter wird, diese Momente besser zu überstehen. Wir geben dem jeweiligen Verhalten eine andere Bedeutung, wenn wir davon ausgehen, dass es der Erfüllung von Bedürfnissen gilt:

"Die Kinder machen den ganze Tag nur Quatsch und bereiten mir Arbeit" könnte also auch bedeuten: "Die Kinder experimentieren, probieren sich aus und lernen den ganzen Tag."

(In der Beratung nennen wir dieses Umdeuten übrigens Reframing - einen anderen Rahmen geben.) Sie haben also vielleicht versucht mit ihrem Verhalten ihr Bedürfnis nach Lernen, Kreativität und Spaß zu stillen. Und genaugenommen ist es diese Kreativität und Eigenwilligkeit, die wir an unseren Kindern so lieben.

Auch ich kann im Nachhinein milder mit mir sein. Meine etwas zu übertrieben verärgerte Reaktion war vielleicht ein etwas unglücklicher Versuch mein Bedürfnis nach Ordnung und Ruhe zu erfüllen. Ich kann mir nun nachträglich überlegen, wie ich mir diese Bedürfnisse vielleicht anders erfüllen kann (im Moment auch wirklich nicht so einfach, aber das bloße Wissen darüber verändert auch schon).

 

Natürlich ist es mir wichtig, dass ich zukünftig nicht nach jedem Baden unser Haus trockenlegen muss.

Alle Bedürfnisse sind wichtig. Sie können aber nie alle erfüllt werden. Das sollten wir uns auch gar nicht erst vornehmen. Es klappt nicht und fustriert noch mehr. Aber wir können drüber sprechen, aushandeln und Zwischenwege finden. Uns an den Bedürfnissen aller zu orientieren.

In diesem Fall einigten wir uns darauf, dass das Wasser, anstatt auf den Boden, in eine Wäschewanne geworfen wird.

Für mich ok, für die Kinder auch.

 

Für mich erscheint es tatsächlich leichter, Lernmaterial in der jeweiligen Lernumgebung aufzuwischen oder wegzuräumen, als einfach nur "Chaos" zu beseitigen.

So erfülle ich mir selbst gleichzeitig das Bedürfnis nach sinngebenden Handeln. :)

 

Sehen wir es mal so....

Lasst es euch gut gehen, 

Johanna

14.01.2021

Johanna Martinek Mütter - und Familienberatung

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