Müde?!

 

Neulich auf dem Weg nach Hause:

"Mama, warum sagt ihr Erwachsenen so oft, wenn wir weinen: "Ja, du bist müde!" Vielleicht sind wir einfach nur traurig?"

Ich bin ehrlich: Ich bin erstmal begeistert von so viel Weisheit und dankbar für diesen Augenöffner. Und dann komme ich ins Grübeln...

Stimmt, müde sein ist kein richtiges Gefühl...

Ja, warum tue ich das?

Rückblickend erinnere ich mich an viele dieser Situationen, in denen ich mit vollstem Verständnis zu meinen Kindern sagte, wenn sie weinten oder sich lautstark gegen irgendwas oder irgendwen auflehnten: "Alles ist gut, du bist müde."

Wenn ich es heute so schreibe frage ich mich:

Wen möchte ich eigentlich beruhigen mit meinen Worten? Meine Kinder oder mich?

Manchmal erscheint es für uns Eltern leichter den Emotionen unserer Kinder einen sicheren Ursprung zuordnen zu können.

Das Erleichtert - das kürzt ab.

Es ist für uns angenehmer den Gefühlsausbruch unserer Kinder mit einem, für uns so logischen Grund erklären zu können.Traurig möchten wir unsere Kinder nicht gern sehen. Sie mit diesen Gefühlen allein zu lassen hilft ihnen aber auch nicht. Es ist schnell gesagt und sicherlich auch nicht immer ganz falsch, aber aus der Perspektive der Kinder?

Kinder sind auf unsere Rückmeldung ihrer Emotionen angewiesen, damit sie ihre Gefühle kennenlernen und sie selbst einschätzen lernen können. Damit sie lernen können irgendwann selbst mit ihnen umgehen zu können und Strategien entwickeln können sich selbst zu trösten.

Noch brauchen sie den Trost von uns. Die Rückmeldung darüber, dass ihre Gefühle gehört werden, dass sie selbst gehört werden und sie liebenswert sind, dass wir ihnen zuhören und sie unterstützen ihre Gefühle zu bearbeiten. Wir zeigen ihnen, dass wir selbst keine Angst vor diesen Gefühlen haben, dass zum Beispiel Traurigkeit oder Wut okay ist und dass diese Gefühle da sein dürfen - dass sie gefühlt werden dürfen. UND, dass sie auch wieder gehen können.

Die Wahrheit ist wohl: An diesem Nachmittag (wie sicherlich auch an so vielen anderen) war ich diejenige, die müde war. Ich war die, die sich den Gefühlen meines Kindes nicht stellen konnte und lieber schnell nach Hause wollte. Das ist vielleicht nicht optimal, aber das ist auch okay.

Nächstes Mal weiß ich es besser. Nächstes Mal könnte ich sowas sagen:, wie: "Könnte es sein, dass du traurig bist? Können wir vielleicht nach Hause fahren und zu Hause auf dem Sofa besprechen was dich gerade so traurig macht?"

Nächstes Mal!

 

Viele Grüße, 

Johanna

23.09.2020

Johanna Martinek Mütter - und Familienberatung

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