"Ich komme zu gar nichts!"                                                                                                         

"Ich komme zu gar nichts, das ist so frustrierend!" ist ein Satz, den ich besonders in der letzten Zeit häufig von Müttern, aber auch regelmäßig  von mir selber höre. Oder auch in abgewandelter Form: "Du bist ja immer zu Hause, wie schaffst du das alles?"

Puh, gute Frage! Und um ehrlich zu sein: Ich schaffe NIE ALLES! (auch, wenn ich es mir manchmal sehr wünschen würde!).

Wir durchleben gerade, jeder für sich und trotzdem irgendwie zusammen, sehr außergewöhnliche Zeiten.

Der Alltag hat sich auf sämtliche Aufgaben konzentriert. Wir erfüllen gerade so viele Rollen: Mutter, Hausfrau, Köchin, Putzfrau, Erzieherin, Lehrerin, Spielgefährtin, Vorbild, Grenzensetzerin, emotionale Begleiterin, Streitschlichterin. Gleichzeitig bleiben wir Partnerin, Arbeitnehmerin (im Homeoffice oder außerhäusig) und schließlich wir selbst. Die Liste könnte immer so weiter gehen.

Wir machen so viel und gleichzeitig kommt es uns so vor als würden wir nichts (richtig) schaffen. Weil es keinen Vergleich gibt, weil es keine Erfahrung mit diesen Zeiten gibt. Und, weil unsere Leistungen nicht sichtbar, messbar und bezahlbar sind. Vergleiche mit anderen Familien, die über ihre wunderbar gebastelten Fensterbilder, die sportlichen Ausflüge in die Natur oder die harmonischen Erzählabende berichten, erweisen sich meist auch eher als kontraproduktiv.

Diese Zeiten bringen uns (vielleicht) wieder zurück an einen Punkt, an dem wir nochmal ungefiltert darüber nachdenken können und vielleicht auch müssen: Wie wollen und können wir leben? Wer wollen wir sein? Als Familie? Als Mutter? Als Mensch?

Was gibt uns das Gefühl, dass wir hier und jetzt richtig sind?

Wer, außer uns selbst, kann uns vorschreiben wie wir unser Leben leben? Wer sagt, dass das Abendessen immer zu einer bestimmten Uhrzeit dampfend auf dem Tisch stehen muss? Wer sagt, dass Kinder immer mit sauberen Füßen schlafen gehen müssen, dass es wichtig ist, dass jeden Abend das Kinderzimmer aufgeräumt wird?

Wir sind noch mal mehr gefragt andere Perspektiven einzunehmen, eigene Bewertungen anzulegen. Was bedeutet es für uns, dass wir etwas geschafft haben? Was wollen wir schaffen?

Wie wäre es, wenn wir anfangen uns nicht von ungeschriebenen Gesetzen unter Druck setzen zu lassen, uns an Konventionen zu binden, die dem aktuellen Leben, der aktuellen Situation und unserem Plan vom Leben nicht angemessen und passend erscheinen. Wie wäre es, wenn wir friedvoll mit uns selbst umgehen? Unser Leben so gestalten, dass es sich für uns so gut wie möglich anfühlt?

Natürlich gibt es Dinge, die unverrückbar sind. Aber: Drumherum gibt es unendlich viele Gestaltungsmöglichkeiten. Und mögen sie noch so unkonventionell sein und dem ein oder anderen Nachbarn außerirdisch vorkommen.

Betrachten wir diese Zeit als Möglichkeit unser Bild, unser Zusammenleben in unserer Familie so zu gestalten, wie es am besten zu uns passt. Das erfordert Mut, macht aber auch Spaß.

Wichtig ist allein, dass es allen gut geht und das geht manchmal ganz gut NEBEN den altbekannten Wegen.

Viele Grüße,

Johanna

21.04.2020

Johanna Martinek Mütter- und Familienberatung

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