03.05. 2022
"Ich wünschte, du hättest meine kleine Schwester nie geboren!"
Wutentbrannt und klitschnass springt meine Tochter aus der Wanne. Sie schreit und vor Wut knallt sie die Babyborn, die ihre kleine Schwester eigentlich vor ihr hatte retten wollen, ins Badewasser, dass es nur so spritzt.
Total überrumpelt von der Situation - eben spielten sie noch gemeinsam in harmonischer Einigkeit - greife ich zum Handtuch und wickle das vor Wut und Kälte bebende Kind ein.
In der Badewanne beginnt die kleine Schwester zeitgleich an zu wimmern: "Mama, das ist traurig, dass sie nicht will, dass ich geboren wurde!"
"Nein! Das ist nicht traurig!" schreit es zurück.
Mir wird heiß. Ich würde am liebsten mitweinen oder mitschreien. Oder beides.
Noch vor einigen Tagen waren genau diese Geschwisterbeschimpfungen Thema in einer Beratung mit einer Mutter. In der Theorie für mich so glasklar. Ich versuche mich zu erinnern.
Geschwister zu haben ist eine krasse Sache. Das sind Menschen, die wir uns nicht ausgesucht haben. Mit denen wir unsere Eltern, unseren Wohnraum, unser Spielzeug und Fernseher teilen müssen. Mit unseren Geschwistern verbringen wir (besonders in der Kindheit) meist sehr viel Zeit. Wir lernen unheimlich viel miteinander. Sie sind unweigerlich Testpersonen für unsere Gefühle und an ihnen bilden wir unsere eigene Persönlichkeit.
Wenn wir als Eltern mit solch harten Aussagen der Kinder übereinander konfrontiert werden, dann ist unser erster Impuls häufig, dass wir beschwichtigen wollen.
Denn wir fühlen uns meist selbst so betroffen. Wir wünschen uns doch eine starke Verbindung unter den Kindern. Und da sollten sich die Kinder so gemeine Sachen lieber nicht sagen. Das macht uns traurig.
Wenn wir ihnen jetzt sagen: "Stell dir mal vor, deine Schwester wäre nicht da!" oder "Nein, du liebst doch deine/n Schwester/Bruder. Du spielst so gern mit deinen Geschwistern."
Hilft ihnen das in genau dieser Situation nicht weiter.
Denn genau in diesem Moment SIND sie wütend, SIND sie traurig.
Und das dürfen sie sein, denn alle Gefühle haben ihre Berechtigung.
Und diese Gefühle sollten gesehen werden.
Lediglich ihre Strategie (in diesem Fall das Beschimpfen der Schwester), diese Wut auszudrücken, ist noch nicht unbedingt optimal.
Aber sie wirkt. Sowohl bei uns Eltern, bei den Geschwistern und auch bei sich selbst.
Sie lernen ja noch.
Mit meinem Mantra im Kopf :"Jedes Gefühl ist richtig. Du darfst auch wütend auf deine Schwester sein." sortiere ich meine Gedanken, atme durch und wende mich meinem Kind im Handtuch zu. "Du bist gerade richtig wütend, oder?" Sie nickt. "Du hättest die Puppe auch einmal gerne ins Wasser getaucht, oder?" wieder ein Nicken. Sie kommt auf mich zu, ich nehme sie in den Arm. "Vielleicht könntest du beim nächsten Mal deine Puppe mit in die Wanne nehmen?" Noch scheint sie nicht begeistert von der Idee, aber sie sagt auch nichts dagegen.
"Mama, das ist traurig für mich, wenn sie sagt, dass ich nicht geboren werden sollte!" meldet sich die kleine Schwester aus der Wanne. "Ja!" sage ich. "Das glaube ich dir, dass das für dich traurig ist. Du möchtest gern geboren sein, oder? Und ich möchte auch, dass du geboren bist. Sonst fehlt uns doch jemand hier!"
"Stimmt!", kommt aus dem Handtuch. "Sonst wären wir ja nur zu viert."
Die kleine Schwester grinst. "Deswegen bin ich ja aus dem Universum gekommen!"
Naja, sie lernen ja noch.... :)
Lass es dir gut gehen!
Johanna
Johanna Martinek Mütter- und Familienberatung
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